Jérôme Soiné bei Phönix – Rätsel RAF-Terror – Auf Zeitreise mit Guido Knopp XXL
AUSSTRAHLUNG: Freitag, 28. April 2017, 15.00 Uhr
Die Öffentlichkeit steht heute immer noch vor zahlreichen Rätseln zur Gewalt der Roten Armee Fraktion, kurz RAF. Von Ende der 1960iger bis zur Selbstauflösung der RAF im Jahr 1998 forderte deren Terror mehr als 30 Menschenleben. Im Fokus der Erstausstrahlung der 75-minütigen Langfassung „Rätsel RAF-Terror“ steht die entscheidende Frage: Warum wurden für den Großteil aller RAF-Morde die Täter weder ermittelt noch verurteilt? Deutschlands bekanntester TV-Historiker Guido Knopp geht für phoenix auf „Zeitreise“ und besucht Originalschauplätze des RAF-Terrors. Außerdem berichten Akteure und Augenzeugen im Gespräch mit ihm exklusiv über ihre Erlebnisse in der „Bleiernen Zeit“.
Herbert Rockel, ehemaliger Kriminalhauptkommissar, war mit der Aufklärung eines bisher eher wenig beachteten RAF-Anschlages unmittelbar befasst. Er meldete sich auf einen Zeitzeugenaufruf von phoenix und führte das Filmteam an den Tatort des RAF-Bombenanschlags vom 27. Juli 1990 in Bonn. An diesem Tag wurde der Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Hans Neusel, Opfer der Linksterroristen. Wer die Attentäter waren, ist bis heute ein Rätsel. Wie es ihnen gelang, an einer Autobahnauffahrt, nur 300 Meter vom Bundesinnenministerium entfernt, einen Sprengsatz unerkannt zu platzieren und auszulösen, konnte laut Zeitzeuge Rockel rekonstruiert werden: „Hier in einem Busch haben sie einen kleinen Hohlraum geschaffen, in dem derjenige, der die Lichtschranke ausgelöst hat, saß. Sie haben also über längere Zeit, über den Zeitraum von 14 Tagen, hier gesessen und abgewartet, bis Neusel auf der Strecke war.“ Weitere Augenzeugen, die an jenem Tag kurz vor und hinter Neusels Wagen auf der Fahrbahn fuhren, berichten in der Dokumentation von der massiven Detonation. Staatssekretär Neusel überlebte nur, weil er an jenem Tag selbst am Steuer saß, da sein Fahrer Urlaub hatte.
Auch führende Akteure aus der Geschichte der RAF kommen in der phoenix-Dokumentation zu Wort. Gegenüber phoenix-Autor Michael Krons äußerte sich der spätere Innenminister Otto Schily im Film sehr nachdenklich zu seinen früheren Äußerungen als RAF-Verteidiger: „Damals hab ich vielleicht auch an der ein oder anderen Stelle überzogen, das sehe ich auch durchaus kritisch“, so Schily. „Heute, aus heutiger Sicht, würde ich vielleicht einiges anders tun, anders formulieren, aber im Prinzip halte ich es für richtig, diese Verteidigung geführt zu haben.“
Neue Antworten bieten die phoenix-Autoren um Guido Knopp auch für offene Fragen zum Anschlag auf die US-Botschaft in Bonn am Abend des 13. Februar 1991. Von Königswinter aus schießen RAF-Terroristen über 500 Meter über eine der breitesten Stellen des Rheins und geben dabei rund 250 Schüsse ab. Das Jahr 1991 hatte mit den US-Luftangriffen auf den Irak begonnen, und vor dem Gelände der US-Botschaft finden zur Zeit des Anschlags auch Mahnwachen von Kriegsgegnern statt. Der TV-Historiker Knopp besichtigt den einstigen Tatort gemeinsam mit dem Waffenexperten Jérôme Soiné, der aufgrund damaliger Ermittlungserkenntnisse und der Windverhältnisse zur Tatzeit rekonstruiert, welche Absichten die Terroristen mit diesen Salven verfolgten: „Hier ging es in erster Linie darum, Aufmerksamkeit zu erregen, denn das gezielte Töten einer bestimmten Person auf diese Distanz, nach Einbruch der Dunkelheit, halte ich für sehr waghalsig“, so Spezialist Soiné. Die Kugeln schlagen in der Fassade und in einem Computer der Botschaft ein, der zu der späten Abendzeit glücklicherweise nicht mehr besetzt war.
So erscheint der Anschlag auf die US-Botschaft wie ein verzweifelter Versuch der RAF, aus der aufgeheizten politischen Stimmung während des laufenden Irak-Krieges neue Aufmerksamkeit und neue Relevanz zu erlangen, selbst auf Kosten friedlicher Anti-Kriegs-Demonstranten. Rund ein Jahrzehnt nach dem Attentat wird RAF-Terroristin Daniela Klette als Tatbeteiligte identifiziert, die von deutschen Sicherheitsbehörden auch wegen mehrere Raubüberfälle gesucht wird. Die bei dem Anschlag auf die US-Botschaft verwendete Waffe sollte weniger später noch in einem weiteren Anschlag der Linksterroristen eine entscheidende Rolle spielen, diesmal mit tödlichem Ausgang.
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